Herz 22:173, (1997)

Studenten, Professoren und Chefärzte beurteilen die Qualität von Forschung und Lehre medizinischer Fakultäten in Deutschland

S. Silber

München

In einer erst kürzlich veröffentlichten Umfrage bewerteten Medizinstudenten, Professoren und Chefärzte die Qualität der Ausbildung, Ausmaß der Betreuung, wissenschaftliche Publikationen und den Ruf medizinischer Fakultäten deutscher Universitätskliniken (Focus 17/1997, S. 141­150). Die Gesamtpunktzahl im Fachbereich Medizin beruhte auf sechs Einzelergebnissen. Das Studentenurteil ergab sich als Mittelwert aus sieben Teilnoten. Professoren beurteilten die wissenschaftliche Reputation (in Analogie zu Schulnoten). Der "Publikationsindex" wurde in vier Stufen eingeteilt: Professoren eines Fachbereichs publizieren mindestens doppelt soviel wie der Durchschnitt ihrer Fachkollegen (1), mindestens soviel wie der Durchschnitt (2), weniger als der Durchschnitt (3) oder weniger als die Hälfte des Durchschnitts (4). Chefärzte beurteilten den Ruf der medizinischen Fakultät in Chirurgie, Innerer Medizin, Orthopädie sowie Frauen- und Kinderheilkunde. Ferner ging der Anteil an ausländischen Studenten in die Gesamtbeurteilung mit ein. Das Ergebnis der 1062 an den 36 medizinischen Fakultäten befragten Medizinstudenten, 57 Medizinprofessoren aus ganz Deutschland sowie 100 Chefärzte nichtuniversitärer Kliniken geht aus der Tabelle hervor.

Rang

Universität

Gesamt- punktzahl

Studenten- urteil

Professoren- urteil

Publikations- index

Chefärzte- urteil

Personal : Studenten

Ausländische Studenten

1 München, LMU

73,30

2,6

2,1

2

11,3%

1 : 2,6

7,8%

2 Heidelberg

71,18

2,8

1,8

2

8,7%

1 : 2,5

10,3%

3 Hannover, MHH

64,55

2,9

2,2

2

9,1%

1 : 2,3

6,8%

4 Göttingen

59,85

2,3

2,3

3

3,1%

1 : 3,1

6,4%

5 Würzburg

57,65

2,5

2,3

2

1,7%

1 : 2,3

5,6%

6 Marburg

56,16

2,4

2,7

3

2,4%

1 : 2,8

8,5%

7 Düsseldorf

54,90

3,0

2,4

2

4,3%

1 : 2,8

12,4%

8 Kiel

54,87

2,6

2,4

2

3,4%

1 : 2,8

6,5%

9 Ulm

54,79

2,8

2,3

2

2,2%

1 : 1,7

7,4%

10 Freiburg

54,31

3,1

2,0

2

4,3%

1 : 1,9

6,7%

11 Essen U-GH

54,07

2,6

2,9

2

2,4%

1 : 1,8

10,5%

12 Magdeburg

53,70

1,9

3,2

3

0%

1 : 1,4

5,5%

13 Berlin, HU

51,85

2,6

2,6

4

3,4%

1 : 2,4

8,5%

14 Lübeck, Med. U.

51,17

2,6

2,7

2

1,7%

1 : 1,9

6,5%

15 Berlin, F

50,30

3,0

2,9

2

3,4%

1 : 3,2

13,1%

16 Tübingen

49,02

3,3

2,1

2

3,1%

1 : 2,1

7,2%

17 Köln

47,29

3,1

2,7

2

3,6%

1 : 3,6

9,7%

18 München, TU

47,09

3,0

2,7

2

3,4%

1 : 1,0

4,8%

19 Witten / Herdecke

45,55

1,8

3,9

4

0%

1 : 2,7

11,0%

20 Erlangen-Nürnberg

45,53

3,1

2,5

2

3,1%

1 : 2,3

7,2%

21 Gießen

45,03

2,8

2,8

3

1,4%

1 : 2,7

7,8%

22 Münster

44,70

3,2

2,5

2

2,6%

1 : 2,9

7,1%

23 Mainz

43,64

3,3

2,6

2

3,1%

1 : 2,5

8,4%

24 Regensburg

43,20

2,8

2,9

2

0%

1 : 1,7

6,6%

25 Hamburg

41,76

3,5

2,6

3

6,0%

1 : 3,3

10,3%

26 Bonn

41,58

3,3

2,4

3

1,9%

1 : 2,8

9,6%

27 Greifswald

39,57

2,6

3,3

4

0%

1 : 2,0

13,2%

28 Saarbrücken

39,12

2,9

3,1

3

0,5%

1 : 2,1

10,4%

29 Aachen, TH

38,68

3,2

2,9

2

1,9%

1 : 3,1

10,2%

30 Leipzig

38,46

3,0

2,7

4

1,0%

1 : 2,8

6,3%

31 Bochum

35,75

3,1

2,8

3

2,6%

1 : 8,5

11,3%

32 Dresden, TU

35,02

2,9

3,1

4

1,0%

1 : 1,2

3,5%

33 Jena

34,40

3,0

3,0

4

0,5%

1 : 1,7

5,2%

34 Rostock

29,93

3,0

3,3

4

0,2%

1 : 1,8

7,1%

35 Halle-Wittenberg

29,73

3,3

2,9

4

0,2%

1 : 2,1

8,0%

36 Frankfurt/Main

17,24

3,7

4,0

3

2,4%

1 : 3,9

12,1%

Somit schnitt die Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München als "Testsieger" ab. Dennoch meinte Prof. Dr. Dr. h. c. Klaus Peter, Dekan der LMU München: "Unsere Medizinstudenten werden in Zukunft noch näher an der Praxis arbeiten." An letzter Stelle steht die Johann-Wolfgang-Goethe-Universität Frankfurt/Main.

In Zusammenhang mit dieser aktuellen Veröffentlichung muß erwähnt werden, daß der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe im April 1997 die Revision der Klage des Magazins "Focus" zurückgewiesen hat. Somit ist die Veröffentlichung der Artikelserie unter dem Titel "Die 500 besten Ärzte Deutschlands" auch in zweiter Instanz als "wettbewerbswidrig" eingestuft. Zur Begründung führte der BGH aus, "Focus" fördere in rechtlich unzulässiger Weise den Wettbewerb der namentlich genannten Ärzte, indem das Magazin sie als die Besten des Landes bezeichnet. Die von "Focus" zur Ermittlung der "Bestenliste" aufgeführten Bewertungskriterien, etwa die Reputation unter Kollegen, seien nicht objektiv und sachlich nicht nachprüfbar. Zu Lasten der namentlich nicht genannten, möglicherweise ja besser qualifizierten Ärzte stehe "Focus" das Presseprivileg aus dem Grundgesetz nicht zu (ÄZ Nr. 81, 1997 ­ Az.: I ZR 196/94 und I ZR 154/95).

Autor:
Priv. Doz. Dr. med. S. Silber
Herzkatheterlabor der
Kardiologischen Gemeinschaftspraxis in der Klinik Dr. Müller
Am Isarkanal 36
81379 München
e-mail:ssilber@med.de